Kieferorthopädischer Check: Je früher, desto besser?

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Kieferorthopädischer Check: Je früher, desto besser?

15.06.2022

Wenn es um die gesunde Zähne bei Kindern geht, dann will man als Eltern nichts verpassen. Schließlich steht nicht nur ein schönes Lächeln auf dem Spiel, sondern auch der gesunde Biss Ihres Kindes, mit dem es sein gesamtes Leben gut beißen können soll. Doch wann ist der richtige Zeitpunkt für den ersten Besuch beim Kieferorthopäden? Und lohnt er sich auch dann, wenn keine offensichtliche Zahnfehlstellung zu erkennen ist?

 

Zu Beginn der Grundschule zum Kieferorthopäden

 

Diese Frage lässt sich klar beantworten: Egal, ob man eine Zahnfehlstellung auf den ersten Blick sehen kann oder nicht, empfehlen wir immer eine Vorstellung beim Fachzahnarzt im Alter von sechs bis sieben Jahren - also rund um den Einschulungstermin. Dazu ist keine Überweisung vom Zahnarzt oder Kinderarzt notwendig. 

Warum so früh? Entscheidende Entwicklungsphasen nicht verpassen!

Bei einer kieferorthopädischen Behandlung im Grundschulalter werden rechtzeitig erkannte Wachstumsdefizite der Kiefer ausgeglichen, um ausgeprägte Zahnfehlstellungen zu vermeiden. Verpasst man bestimmte Zahnwechsel- oder Wachstumsphasen, lassen sich bestimmte Fehlstellungen ggf. nur noch durch aufwendige und langwierige Maßnahmen (z. B. das Ziehen von bleibenden Zähnen oder Kieferoperationen) beheben. 

Werden Wachstumsstörungen der Kiefer und Fehlentwicklungen der Zähne hingegen schon im Grundschulalter erkannt, kann man sie frühzeitig und dann häufig gut mit einfachen kieferorthopädischen Maßnahmen behandeln – in einer sogenannten Frühbehandlung. So kann das Kieferwachstum rechtzeitig gelenkt werden und auch der Zahnwechsel regelgerecht erfolgen.

 

Eine Spange in der Grundschule – ist das nicht belastend für mein Kind?

 

Sollte tatsächlich eine Spange nötig sein – hier die gute Nachricht: In der Regel freuen sich Kinder gerade im Grundschulalter auf ihre erste Spange und tragen sie sehr zuverlässig. Das wiederum führt häufig zu hervorragenden Behandlungsergebnissen bei der Frühbehandlung, sodass im Jugendalter sogar feste Spangen vermieden werden können – einer Zeit, in der viele Heranwachsende sich nicht mehr ganz so leicht zur Mitarbeit motivieren lassen.

Reicht nicht die Einschätzung des Haus- oder Kinderzahnarztes?

Nicht jedes kieferorthopädische Problem ist auf den ersten Blick zu erkennen. Zahnärzte achten zwar auch auf Zahn- und Kieferfehlstellungen. Allerdings verfügt ein Fachzahnarzt für Kieferorthopädie über eine detaillierte Fachexpertise. So werden beispielsweise die korrekten Platzverhältnisse und der richtige Zusammenbiss der beiden Kiefer tiefgehend untersucht. Auch das frühzeitige Erkennen von Durchbruchsstörungen der bleibenden Zähne sowie funktionelle Untersuchungen (z. B. der Kiefergelenke) gehören zur Standarddiagnostik beim Fachzahnarzt. 

Funktionelle Störungen, die den Lippenschluss, die Atmung und die Zunge betreffen, sind die häufigste Ursache für Zahn- und Kieferfehlstellungen, da sie dauerhaft das Kieferwachstum beeinflussen. Der erfahrene Fachzahnarzt kann all dies leicht feststellen und bei rechtzeitiger Diagnose effektiv gegensteuern. Und wenn er Entwarnung gibt, können Sie beruhigt sein und sich umso mehr über Ihr stolzes Zahnlückenkind freuen!

 

Was wird beim Fachzahnarzt für Kieferorthopädie untersucht?

 

Der Fachzahnarzt für Kieferorthopädie schaut längst nicht nur auf schief stehende Zähne. Es geht um viel mehr:

  • die generelle Mundgesundheit und Zahnpflege
  • den Zahnwechsel
  • die Platzverhältnisse in beiden Kiefern
  • den Zusammenbiss der Kiefer
  • die Wachstumsrichtung der Kiefer
  • die Funktion (z. B. Lippenschluss, Zungenlage, Atmung und Kiefergelenke)
  • Nichtanlagen von bleibenden Zähnen

 

Was kann im Rahmen einer Frühbehandlung behandelt werden?

 

Nicht jedes kieferorthopädische Problem kann und muss im Grundschulalter angegangen werden. Allerdings gibt es Zahnfehlstellungen, für die eine Frühbehandlung dringend ratsam ist, da sich diese Fehlstellungen ohne eine kieferorthopädische Behandlung in ihrem Ausmaß verstärken würden bzw. ihre Therapie deutlich aufwendiger wäre. Das sind z. B. Kreuzbiss, Unterbiss und offener Biss.

Frühbehandlung - hilfreich bei diesen Fällen / Quelle: intern

 

Bei Nichtanlagen von bleibenden Zähnen entscheidet der Kieferorthopäde frühzeitig in Absprache mit demZahnarzt, ob die Milchzähne so lang wie möglich erhalten bleiben sollen oder, ob die Lücke des fehlenden Zahnesdurch eine Zahnspange geschlossen werden soll. Dabei sind ästhetische und funktionelle Aspekte wichtig, denn die Entscheidung hat weitreichende Folgen. 

 

 

 

 

Um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen, müssen gerade bei einer Frühbehandlung auch funktionelle Aspekte untersucht und gundefinedegebenenfalls behandelt werden. Der Kieferorthopäde schaut deshalb auch, ob die Zunge richtig im Mund liegt – beim Schlucken, Sprechen, Atmen – und ob es unerkannte Probleme mit Muskulatur und Kiefergelenken gibt. Dank funktioneller Begleitbehandlungen wie der Logopädie, der Physiotherapie, oder der Osteopathie.

 

Atmung: Kieferorthopädie kann mehr als Zahnspangen

 

Zahnfehlstellungen hängen bei Kindern eng mit Fehlfunktion der Wangen- und Zungenmuskulatur zusammen, wie zum Beispiel einer gewohnheitsmäßig offenen Mundhaltung und einem falschen Schlucken. Ohne korrekte Funktion der Muskulatur – auch Myofunktion genannt – lässt sich langfristig keine stabile Zahnposition erreichen. Genauso ist bei bestimmten Zahn- und Kieferfehlstellungen oft keine korrekte Muskelfunktion möglich. Es empfiehlt sich daher in den meisten Fällen, nicht nur kieferorthopädisch die Zahn- und Kieferfehlstellung, sondern auch die Myofunktion zusätzlich mithilfe von Logopädie zu behandeln. 

 

Schlechte Angewohnheiten begünstigen Fehlentwicklungen

 

So können z. B. auch ein zu langes Nutzen des Schnullers, Lutschgewohnheiten (Daumen, Finger) und das Einsaugen von Wangen oder Lippen, sogenannte Habits, Fehlentwicklungen des Gebisses hervorrufen. Aber auch das Zungenpressen, eine abnormale Zungenposition oder falsche Schluckmuster können je nach Dauer, Häufigkeit und Intensität zu Deformationen an Zähnen und Zahnhalteapparat führen.

 

Verletzungsrisiko von vorstehenden Zähnen minimieren

 

Doch nicht nur bei starken Fehlstellungsformen ist ein frühes kieferorthopädisches Eingreifen sinnvoll. Jedes vierte Kind erlebt mindestens einmal im Leben ein sogenanntes Frontzahntrauma, also einen Sturz auf die vorderen Schneidezähne, der zur Folge haben kann, dass Zähne abbrechen oder sogar ganz verloren gehen. Das Risiko für eine solche Verletzung ist umso höher, je größer der Abstand zwischen Ober- und Unterkieferzähnen ist. Die Verletzung fällt außerdem schwerer aus, wenn die Zähne nicht gewohnheitsmäßig von den Lippen bedeckt sind. Also auch aus diesem Grund ist ein früher Behandlungsbeginn mit Herstellung eines physiologischen Muskelgleichgewichtes einschließlich Lippenschlusses sehr wichtig.

 

Was können die Eltern tun?

Damit sich die angestrebten Behandlungserfolge schnell einstellen, sind natürlich die Eltern gefragt. Frühzeitig die Kinder beim Kieferorthopäden vorstellen! Und geht es in eine Therapie: Erinnern, motivieren und eine riesige Portion Geduld haben. Wenn Mama und Papa gemeinsam mit ihrem Kind an einem Strang ziehen und dieses mit all ihrer Zuneigung unterstützen, dann klappt das auf jeden Fall!

 

 

Lassen Sie sich bei uns beraten – kompetent und individuell!

In unser Fachzahnarztpraxis für Kieferorthopädie, die das gesamte kieferorthopädische Behandlungsspektrum beurteilen und individuell anbieten kann, erhalten Sie eine ausführliche Beratung. 

…für das Wichtigste, das wir haben: unsere Kinder!

 

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